„FerMiQ“

Neue Analysenmethoden für Biogasanlagen

Ein nachhaltig stabiler Prozessverlauf ist eine wesentliche Voraussetzung, um eine Biogasanlage effizient und wirtschaftlich zu betreiben. Regelmäßige Überprüfungen der Fermenter hinsichtlich Prozessstabilität und Nährstoffstatus sowie die Überprüfung der Input-Substrate hinsichtlich Qualität und Biogaspotential sind wichtige Aspekte, um dieses Ziel zu erreichen. Ein umfangreiches Angebot an analytischen Dienstleistungen und die Beratung von Betreibern hinsichtlich eines optimalen Anlagenbetriebs und beim Umgang mit Prozessstörungen sind seit vielen Jahren eine Kernkompetenz der PFI Biotechnologie. Aufgrund der hochkomplexen Prozessbiologie und der vielfältigen Interaktionen und Abhängigkeiten zwischen mikrobiellen Gruppen im Biogasfermenter gibt es aber nach wie vor erhebliches Entwicklungspotential. Von zentraler Bedeutung ist hierbei, dass die mittlerweile gut etablierten chemischen Analyseverfahren mit neuartigen molekularbiologischen Techniken zum Vorkommen und zur Aktivität bestimmter mikrobieller Gruppen im Biogasfermenter kombiniert werden.  Vor diesem Hintergrund kooperiert das PFI in einem aktuell laufenden Projekt mit der AMODIA Bioservice, einem ausgewiesenen Spezialisten für molekularbiologisch basierte Analyseverfahren und mikrobiologische Schnelltests. Ziel ist die Entwicklung eines neuartigen Verfahrens zur quantitativen Analyse der Fermenter-Mikrobiologie in Biogasanlagen und hieraus resultierender Handlungsempfehlungen für einen optimierten Betrieb von Biogasanlagen. Das Kooperationsprojekt ist im August 2018 gestartet und wird im Rahmen des ZIM-Programms vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gefördert.

Hintergrund – Notwendigkeit einer effektiven Prozessüberwachung

Die Biogasbranche in Deutschland steht vor erheblichen Herausforderungen. Hintergrund sind u.a.  zahlreiche Änderungen und Novellierungen im Bereich der EEG Gesetzgebung welche einen wirtschaftlichen Anlagenbetrieb auf Basis klassischer Einsatzsubstrate zunehmend erschwert. Der Wegfall der Bonifizierung beim Einsatz von Energiepflanzen (Nawaro-Bonus) in Verbindung mit der Deckelung des Einsatzes von Mais hat zu einer starken Nachfrage nach alternativen Einsatzsubstraten geführt. Aufgrund der Kostensituation sind hierbei insbesondere Rest- und Abfallstoffe im Fokus der Betreiber (Grünschnitt, Stroh, Mist, Geflügelkot u.a.). In Bezug auf die Anlagensteuerung und einen stabilen und störungsfreien Fermentationsverlauf bedeutet ein verstärkter Einsatz dieser alternativen Substrate jedoch eine erhebliche Herausforderung. Ein z.T. hoher Lignifizierungsgrad der Einsatzstoffe und/oder hohe Stickstofffrachten können den mikrobiellen Abbauprozess im Biogasfermenter in erheblicher Weise beeinträchtigen und, bei nicht adäquater Prozessüberwachung, zu massiven Prozessstörungen führen. Auch die mittlerweile von vielen Anlagen in Anspruch genommene sogenannte Flexibilisierungsprämie erhöht, infolge der resultierenden diskontinuierlichen Betriebsweise der Fermenter, den notwendigen Aufwand für die Prozessüberwachung.

Die am Markt angebotenen analytischen Dienstleistungen zur Überwachung der Prozessbiologie beschränken sich allerdings nach wie vor ganz wesentlich auf klassische chemisch-physikalische Analysen von Fermenterproben. Im Fokus dieser Analyseverfahren stehen bestimmte Stoffwechselprodukte (flüchtige organische Säuren), Nährstoffe und Spurenelemente sowie potentiell inhibierende Substanzen (z.B. Ammonium). Ein zentrales Problem dieser Verfahren ist allerdings, dass Auffälligkeiten bei den jeweiligen Messparametern häufig erst dann auftreten, wenn eine prozessbiologische Störung bereits aufgetreten bzw. weit fortgeschritten ist. Hierfür versprechen molekularbiologische Methoden, die Ungleichgewichte innerhalb der komplexen mikrobiellen Gemeinschaft frühzeitig erkennen können, eine bessere Frühindikation als bisher.

Ansatzpunkt und Zielsetzung – Molekularbiologisch basierte Quantifizierung von Mikroorganismen zur frühzeitigen Erkennung von Prozessstörungen

Vor diesem Hintergrund planen die Projektpartner PFI und AMODIA die Entwicklung einer molekularbiologisch basierten Dienstleistung, mit der Biogasfermenter anhand der Quantifizierung maßgeblicher mikrobieller Gruppen bewertet werden können.  Zentrale Zielsetzung ist es, auf der Grundlage spezieller molekularbiologischer Analysetechniken sich anbahnende prozessbiologische Störungen schon frühzeitig auf der Ebene der Zusammensetzung der mikrobiellen Gemeinschaft zu detektieren. Das Verfahren soll hierbei einerseits für die regelmäßige Prozesskontrolle zu Einsatz kommen, darüber hinaus aber auch für eine vertiefte Überwachung und Analyse des Fermentationsprozesses bei kritischen Betriebszuständen. Dies gilt insbesondere beim Einsatz neuer Substrate, dem Wiederanfahren nach Revisionen oder Störfallen und dem Einsatz von Zusatz- und Hilfsstoffen. Um das Ziel zu erreichen, kombinieren die Forschungspartner Ihre umfangreichen Expertisen in den Bereichen Prozessbiologie, Nährstoff- und Spurenelementanalytik sowie bei Charakterisierung mikrobieller Gruppen und der Entwicklung molekularbiologisch basierter Analysetechniken.

Ein wichtiger Aspekt der Prozessentwicklung ist die tatkräftige Unterstützung aus der Praxis. Zahlreiche Anlagenbetreiber stellen regelmäßig Fermenter- und Substratproben für die chemischen und molekularbiologischen Analysen zur Verfügung. Diese Daten aus dem laufenden Praxisbetrieb stellen eine wesentliche Grundlage für die Analysetechnik dar. Parallel hierzu erfolgen umfangreiche Fermentationsexperimente im Labor- und Technikumsmaßstab, in denen unterschiedliche Betriebszustände, und hierbei insbesondere auch definierte prozessbiologische Störungen simuliert werden können. Nach einer erfolgreichen Erprobung in der Praxis soll ein standardisiertes Analyse-Verfahren zur Verfügung stehen, das den Anlagenbetreibern nicht nur eine schnelle und kostengünstige Überwachung der Prozessbiologie erlaubt. Insbesondere sollen kritische Anlagenzustände bereits frühzeitig erkannt und somit langwierige Prozessstörungen infolge von Nährstoffmangel oder Fütterungswechseln von vornherein vermieden werden. Diese Entwicklung würde einen enormen Fortschritt im Bereich der Prozesskontrolle und Prozessüberwachung bedeuten.

Projektpartner: AMODIA Bioservice GmbH www.Amodia.com 

Das Aif-Vorhaben ZF4611001 der Forschungsvereinigung Prüf- und Forschungsinstitut Pirmasens e.V. -PFI-, Marie-Curie-Straße 19, 66953 Pirmasens wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.

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