Wachstumslimitierte und kontinuierliche Enzymproduktion in einem Tropfkörperreaktor

Die Europäische Union unterstützt die Entwicklung einer nachhaltigen, biobasierten Wirtschaft. Ziel ist, neben Lebensmitteln auch Materialien und Energieträger aus Biomasse zu gewinnen. Um das zu erreichen, bedarf es kostengünstiger Methoden, um Biomasse zur weiteren Nutzung aufzubereiten. 

Gerade Materialien und Treibstoffe sollen aus Biomassen hergestellt werden, die nicht im Konflikt mit der Lebensmittelindustrie stehen. Dazu zählt beispielsweise Getreidestroh, womit sich das PFI schon seit langem beschäftigt.

Ansatzpunkt: Cellulase-Produktion

Reststoffe wie Stroh sind nicht so einfach nutzbar wie Mais, Zuckerrüben oder Getreide. Stroh besteht im Wesentlichen aus Cellulose, Hemicellulose und Lignin. Die Cellulose ist ein Glucose-Polymer mit amorphen und kristallinen Bereichen. Schafft man es, die Cellulose zu Glucose zu spalten, kann man diese dann mit Hilfe von Mikroorganismen fermentativ recht einfach zu Chemikalien oder Biotreibstoff umsetzen. Schwierig dagegen ist der Schritt der Glucosespaltung. Dazu werden mehrere Enzyme aus der Gruppe der Cellulasen benötigt, nämlich Cellobiohydrolase, Endoglucanase und Beta-Glucosidase. Die Herstellung dieser Enzyme ist derzeit teuer und deshalb der limitierende Faktor bei der Etablierung von Bioraffinerien, die lignifizierte Substrate als Ausgangsstoff nutzen wollen. Die Produktion der drei benötigten Cellulasen zu optimieren ist der Ansatzpunkt des TrickleZyme-Projekts.

Bestimmte Arten von Schimmelpilzen, auch filamentöse Pilze genannt, sind natürliche Produzenten von Cellulasen. Diese Pilze wachsen gerne auf festen Oberflächen, wo sie ein dichtes, flächiges Myzel (Pilzgewebe) ausbilden. Nach Zugabe bestimmter Substrate schütten sie an den Enden ihrer filigranen Hyphen (das sind die fadenförmigen Zellen dieser Pilze) die Cellulasen aus. Mehrere Studien haben bereits gezeigt, dass filamentöse Pilze bei dieser so genannten Festphasen-Fermentation höhere Enzymkonzentrationen produzieren als bei der Flüssigphasen-Fermentation, bei denen die Pilze eher in Knäuelform wachsen.

Spezieller Tropfkörperreaktor

Um nun den Vorteil der höheren Enzymproduktivität der Festphasen-Fermentation mit den prozesstechnischen Vorteilen der Flüssigphasen-Fermentation zu kombinieren, eignet sich ein Tropfkörperreaktor. Hier siedelt sich der Pilz auf einer festen Oberfläche an, während ein flüssiges Nährmedium von oben nach unten durch den Reaktor tropft. Gleichzeitig wird von unten Luft zur Sauerstoffversorgung eingeblasen und wandert im Gegenstromverfahren nach oben. So wird der Pilz optimal mit Nährstoffen und Sauerstoff versorgt und kann gleichzeitig sein natürliches Wachstum auf einer festen Oberfläche ausleben. Dieses Konzept ermöglicht außerdem, dass die ausgeschiedenen Enzyme im flüssigen Medium unten im Reaktor aufgefangen werden können. Da der Pilz auf der festen Oberfläche festsitzt, enthält der Produktstrom weniger Pilzmasse, die später abgetrennt werden muss, als es bei der Flüssigphasen-Fermentation der Fall ist.

Der Trick: „Ernährungsumstellung“ zur Wachstumshemmung ohne Einschränkung der Enzymproduktion

Ein Problem ist noch, dass der Pilz nicht nur dort wächst, wo er soll, nämlich auf der dafür vorgesehenen Oberfläche im Reaktor, sondern auch in Rohrleitungen oder an Ventilen. Dies führt zwangsläufig zu Fouling  und Verstopfungen. Deshalb wird ein spezielles Verfahren eingesetzt, bei dem der Pilz im Anschluss an eine initiale Wachstumsphase ein Nährmedium erhält, dem wichtige Substanzen fehlen, die für das Wachstum notwendig sind. So kann der Pilz nicht mehr wachsen, produziert aber weiter kontinuierlich die gewünschten Enzyme.

Studien an der OSU zeigten, dass die Enzymausschüttung trotz des reduzierten Wachstums unverändert blieb. Eben weil der Pilz nicht mehr wachsen kann, wird erwartet, dass die zur Verfügung stehenden Nährstoffe verstärkt für die Enzymproduktion genutzt werden und daher mit einer verbesserten Ausbeute und einer gesteigerten Wirtschaftlichkeit zu rechnen ist. Das Verfahren wird im Rahmen des TrickleZyme-Projekts unter der Leitung des PFI weiterentwickelt und für den großtechnischen Einsatz vorbereitet. 

Neben Cellulasen bietet sich das Verfahren auch zur Gewinnung vieler weiterer Enzyme an und sogar anderer Produkte wie Proteine, Antibiotika oder organische Säuren.

 

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